Freitag, 18. Juli 2014

Offener Brief an Eintracht Frankfurt


Die WM ist jetzt vorbei und die Bundesliga steht vor der Tür. Doch wie sieht es momentan eigentlich bei der Eintracht aus?


Der Kader ist aktuell sehr dünn und hat im Vergleich zur letzten Saison deutlich an Qualität eingebüßt. Mit den Abgängen von Schwegler, Jung, Rode und Joselu fehlen der Eintracht die Schlüsselspieler und Erfolgsgaranten der jüngeren Vergangenheit.
Obwohl es mir schwer fällt Joselu überhaupt in einem Satz mit den anderen Spielern zu nennen, da er nur eine Saison bei der Eintracht war und sich teilweise mehr um Instagram kümmert, als um seine sportliche Aufgabe. Auch sein Abschiedsbrief ist mit Vorsicht zu genießen, denn er hat sich trotz dieser besonderen emotionalen Saison, bewusst gegen die Eintracht und für die gut gefüllten Taschen von Martin Kind entschieden. Der Transfer scheiterte nämlich nicht an der Ablösesumme, sondern vor allem an Joselus Gehaltsvorstellungen, wie Hübner in einem Interview mit der FAZ mitteilte: „Wir waren so nah an dem Spieler und an seinem Berater dran, dass wir wussten, dass es gar keinen Sinn macht, ein Angebot zu unterbreiten – weil wir uns schon mit dem Spieler wegen des Gehalts nicht einigen konnten.”
Wenn Joselu also wirklich gerne bei der Eintracht geblieben wäre, dann hätte man eine gemeinsame Lösung finden können. So geschehen beim Leihgeschäft von Jermaine Jones mit Bayer Leverkusen in der Saison 04/05. Jones versprach nach dem Aufstieg vor laufenden Kameras von Sport1: „Ist mir egal ob ich noch Vertrag in Leverkusen habe, ich werde nächste Saison für die Eintracht spielen!“ Das Versprechen hat er gehalten.
Aber Joselu, hat seine Leistung gebracht und mit seinen Toren einen Teil zum Klassenerhalt beigetragen. Deutlich schwerer zu verkraften sind allerdings die Abgänge von Schwegler, Rode und Jung. Diese Spieler sind schon seit Jahren bei der Eintracht und hatten neben Alex Meier den größten Anteil am Aufstieg und der überragenden ersten Bundesliga Saison.
Leider sind im Zuge Schweglers Wechsels nach Hoffenheim viele negative Stimmen aufgekommen. User „ziccomania“ schrieb beispielsweise bei sge4ever.de zum Wechselgerücht: „sehr gute Entwicklung! nur weg mit der überschätzten Luftpumpe! tauschen gegen Josule!” Man beachte die Schreibweise Josule. Herzlichen Glückwunsch ziccomania, du scheinst von Fußball genauso viel Ahnung zu haben wie Cathy Fischer. (Hier detailgetreu imitiert von Simone Ballack) Neben dem falsch geschriebenen Namen, wurde hier scheinbar auch vergessen wie wichtig ein fitter Schwegler für die Eintracht war und was er alles geleistet hat.
Schwegler hat mehrfach bessere Angebote abgelehnt, ist mit der Eintracht in die 2. Liga gegangen und hat für uns 5 Jahre, im wahrsten Sinne des Wortes „die Knochen hingehalten“. Die Eintracht war für Schwegler keine x-beliebige Station seiner Karriere, weswegen er nach dem Erreichen der Europaleague vor der Kurve bekannt gab, dass die Mannschaft 10.000€ aus eigenen Taschen für Choreos spenden wird. Klar sind 10.000€ für Profifußballer keine Riesensumme, aber ich kenne keine vergleichbare Aktion einer anderen Mannschaft. Danach stimmte Schwegler das Lied „Ob Rom, Mailand oder London...“ an und während die Kurve antwortete bekam ich eine wahnsinnige Gänsehaut. Schwegler ist ein 100% fairer Sportsmann und vorbildlicher Kapitän, der sich, als einer der wenigen Bundesligaspieler über sein Privileg bewusst ist und demütig zeigt. Einen solchen Spieler werden wir vielleicht nie wieder in unseren Reihen haben.

Gründe für Schweglers Wechsel dürften auch beim Trainer und Management zu suchen sein. Diese gaben vor allem im letzten halben Jahr keine souveräne Rolle ab. 
Angefangen bei der schier unendlichen Geschichte der Trainer- und Stürmersuche. Bereits im Wintertrainingslager hat Veh die Verantwortlichen darüber informiert, dass er am Saisonende aufhöre möchte. Trotzdem wurde erst am 21. Mai ein neuer Trainer präsentiert. Von den Terminen her ist das noch im grünen Bereich. Gerade bei einer solch wichtigen Entscheidung sollte man sich Zeit lassen, um nicht wie der HSV in Abfindungen zu ersticken. Dennoch würde ich gerne wissen, wie lange Mainz 05 für seine Trainerverpflichtung gebraucht hat. Stürmer wurden bis heute keine verpflichtet.

Zudem liefert Hübner oft unrealistische oder widersprüchliche Aussagen.
Die letzten Jahre sprach Hübner wie kein anderer davon, er wolle offensiven und erfolgreichen Fußball zu zelebrieren, weswegen Roger Schmidt als Trainer kommen sollte. Diese Aussage hört man als Fan gerne, aber es ist einfach nicht realistisch, wenn man das Spielermaterial der Eintracht betrachtet. Otto Rehhagel hat niemals davon geträumt mit Griechenland offensiven Fußball zu spielen, Erfolg hatte er trotzdem. Erfolg können wir mit der Eintracht auch haben, aber nicht wenn man versucht die Spielweise von Mannschaften zu kopieren, die völlig andere Voraussetzungen haben. 
Hübners Wunsch wurde zwar anfangs von der Spielweise der Mannschaft bestätigt, die Gründe dafür sind aber simpel. In der 2. Liga waren wir vielen Mannschaften einfach überlegen und in der 1. Liga kamen ein guter Lauf, sowie falsch eingestellte Gegner zusammen. Der letzten Saison kann man hingegen nicht den Stempel erfrischender, offensiver Fußball aufdrücken und wie soll das bitte mit der aktuellen Mannschaft in der nächsten Saison anders sein?

Das hat Herr Hübner anscheinend erkannt und spricht daher seit neuestem häufig davon mehr auf die eigene Jugend zu setzten. Dieser, von vielen Fans geforderte Wunsch gipfelte in der Aussage „Wenn wir später einmal wie er (Thomas Schaaf) einen Özil nach Real Madrid abgeben könnten, wäre das perfekt.“ aus dem oben bereits erwähnten Interview. Özil kommt jedoch aus der Jugend von Rot-Weiss Essen bzw. Schalke 04 und spielte schon anderthalb Jahre Bundesliga, bevor er zu Werder ging. Die Ablöse betrug damals fünf Millionen Euro und dürfte daher deutlich über dem Budget der Eintracht liegen. Zumal ein solches Talent auch internationale Perspektive bekommen möchte, was die Eintracht aktuell nicht bieten kann.
Hübners Wunsch passt ebenso nicht damit zusammen, dass die U23 eingestellt wird und die wenigen Talente, die wir haben, verkauft werden. Jüngstes Beispiel Marc-Oliver Kempf, dessen Klasse angeblich nicht für die Eintracht reicht.

Zur bisher erfolglosen Stürmersuche lieferte Hübner erst kürzlich eine widersprüchliche Aussage. In einem Interview mit dem kicker spricht Hübner davon, dass „drei bis vier neue kommen, zwei Stürmer und zwei offensive Außenspieler“. Nur um dann im gleichen Interview zu sagen: „Aber wir wollen keinen Transfer machen, nur um einen Transfer zu machen." Welche Aussage gilt dann am 31. August, wenn die Eintracht erst zwei offensive Spieler geholt hat?
Außerdem beweist die Vergangenheit, dass häufig Transfers getätigt wurden, „nur um einen Transfer zu machen“. Wie erklärt sich sonst die teilweise erschreckend kurze Verweildauer von Spielern bei der Eintracht. Beispielsweise wurden Tobias Weis und Dorge Kouemaha, bereits nach einem halben Jahr, nahezu ohne Spielpraxis wieder abgegeben.

Gleichzeitig werden bei der Eintracht unverhältnismäßig oft Spieler weggeschickt, ohne dass Ersatz vorhanden ist. Lakic wurde im Winter zum Wechsel gedrängt und wir sind mit nur zwei Stürmern in die Rückrunde gegangen. Celozzi musste jetzt gehen, Hübner dazu in der Bild: „Er hat es hier in zwei Jahren nicht zum Stammspieler geschafft. Da sollte er sich einer neuen Herausforderung stellen. Das macht mehr Sinn.“ Um es überspitzt zu sagen, müsste nach dieser Logik ebenso jeder Ersatztorwart gehen. 
Vergessen zu haben scheint Hübner auch, dass Celozzi in der Saison 12/13 sozusagen der 12. Mann unter Veh war und nach dem Abgang von Jung definitiv Bedarf auf der Rechtsverteidiger Position besteht. Mit Chandler ist diese Position nur einfach besetzt. Natürlich ist es schön wenn man Spieler die nicht zum erweiterten Kreis gehören von der Gehaltsliste streichen kann. Dies trifft meiner Meinung nach aber nicht auf diese Spieler zu.

Kommen wir zu einem ganz besonderen Kapitel der Eintracht, Stürmer. Seit Yeboah hatten die Eintracht keinen Stürmer mehr, der in zwei aufeinanderfolgenden Saisons zweistellig getroffen hat (Meier ausgenommen). Ich bin selbst kein Freund von einem Spiel, welches nur auf einen Spieler ausgerichtet ist, aber dennoch zeigt diese Statistik, was die Eintracht von einem überdurchschnittlichen Bundesligateam unterscheidet. Dafür gab es umso häufiger Missverständnisse und Transferflops. Occean, Friend, Kouemaha, Caio (offiziell kein Stürmer), Kweuke und Mantzios um nur einige zu nennen.
Auffallend ist auch, dass neue Eintrachtstürmer häufig gut starten und Ihnen dann scheinbar nichts mehr gelingt. Fenin traf dreimal in seinem ersten Spiel in Berlin, Lakic startet mit einem Doppelpack in Hamburg und Kadlec schoss 3 Tore und bereitete ein weiteres vor bei seinen ersten 3 Einsätzen für die Eintracht. Es ist ganz normal, dass Stürmer mal häufiger, mal seltener treffen. Wichtig ist aber, dass Stürmer auch in Phasen ohne Treffer das volle Vertrauen und die Rückendeckung vom Trainer bekommen. Ob diese gefehlt hat, darüber lässt sich als Außenstehender nur spekulieren.

Zu guter Letzt sollte man nicht die erfolglose Kooperation zwischen Eintracht Frankfurt und Manchester City mit dem Leihgeschäft von Mohammed Abu vergessen. Laut transfermarkt.de wurde Abu häufiger rumgereicht als ein Joint bei Rainer Langhans und bei der Eintracht stand er nicht ein einziges Mal im Kader. Hübner äußerte sich zur Kooperation in der FNP wie folgt: „Wenn wir ein fester Teil der ersten Liga werden, macht die Kooperation aber auf jeden Fall Sinn”. Sinnvoll wären definitiv ein paar Leihgeschäfte für die vergangene Saison gewesen. Beispielsweise der Stürmer John Guidetti der stattdessen an Stoke City verliehen wurde und in sechs Ligaspielen lediglich 75 Minuten spielte. Potenzial scheint allerdings vorhanden zu sein, denn er machte in der Saison 11/12 für Feyenoord Rotterdam 20 Tore und 8 Vorlagen in 23 Spielen.

Mit solchen widersprüchlichen Aussagen und Zielformulierungen, die nicht erreicht werden macht man es sich als Manager nur selbst schwer. Man denke nur an Kreuzer, der unlängst seinen Platz räumen durfte. Aussagen, wie er erwarte „lustlose“ Bayern und „wir können und wollen die Bayern ärgern“ dürften dabei nicht unbedingt zur Jobsicherheit beigetragen haben.

Natürlich weiß ich, dass sportlicher Erfolg nur schwer planbar ist und es unvermeidbar ist Spieler zu holen, die hinter den Erwartungen zurück bleiben. Die Häufigkeit der Transfermisserfolge ist jedoch beunruhigend. Außerdem betreffen die Probleme der Eintracht nicht nur das sportliche.

Das sogenannte „Catering“ von Aramark ist seit Jahren eine absolute Zumutung. Die Probleme (hier sehr ausführlich beschrieben) kennt jeder regelmäßige Stadiongänger, was dazu führt, dass sich eigentlich kein Dauerkarteninhaber im Stadion etwas zu essen holt. Doch seit Krombacher als Bierpartner eingestiegen ist haben sich die Zustände noch weiter verschlechtert. Nicht nur, dass der Bierpreis auf 4€ angestiegen ist und wir damit hinter dem HSV mit 4,20€ den zweithöchsten Preis der Liga zahlen müssen, sondern es wurde zusätzlich noch Becherpfand eingeführt. Pfand für Mehrwegbecher ist absolut in Ordnung, zumal es sich um Becher mit Motiven der Eintracht handelt. Allerdings erklärt sich mir nicht warum dafür 2€ Pfand genommen werden müssen, wenn das Pfand beim VfB Stuttgart 1€ (anfangs sogar nur 0,30€) beträgt, bei exakt den gleichen Bechern, dem gleichen Bierpartner und dem gleichen Caterer. Ein Ärgernis ist hierbei vor allem die Pfandrückgabe. Hier hat der VfB eine clevere Alternative eingerichtet. Der Zuschauer kann seine Becher in aufgestellte Behälter für einen gemeinnützigen Zweck abgeben. Bei 1€ pro Becher ist das als Fan zu verkraften und doch kommt am Ende der Saison eine ordentliche Summe zusammen. (aktueller Spendenstand ca. 30.000€)
Die neueste Enttäuschung für die Fans sind die Trikots von Nike, beziehungsweise ihr stolzer Preis. Jahrelang hat sich Bruchhagen gegen Nike entschieden, damit Fans keine 70-80€ für ein Trikot bezahlen müssen. Ab der neuen Saison kosten Trikots 85€, damit ist die Eintracht Spitzenreiter in der Bundesliga. Nike Befürworter werden den Preis durch bessere Qualität rechtfertigen und darauf hinweisen, dass Nike Trikots standardmäßig 85€ kosten, wie bei der WM gesehen. Beim SC Freiburg allerdings kosten Nike-Trikots weiterhin 70€ und bei Mainz nur 65€. Der Preisunterschied beruht auf individuell gefertigten Trikots, statt Massenware. Ob dieser Unterschied 20€ wert ist bleibt zu bezweifeln, zumal sich die Trikots sich rein optisch kaum von den letztjährigen unterscheiden.

Ich möchte in diesem Brief nicht alles schlecht reden, denn wir haben einen fähigen Trainer und einige Spieler mit großem Potenzial in der Mannschaft, Alex Meier und Kevin Trapp zum Beispiel. Trotzdem bleibt die Tatsache, dass wir es mit dem aktuellen Kader schwer haben werden nächste Saison drei Mannschaften hinter uns zu lassen. Für Hübner ist es zwar nicht das Thema, mit dem jetzigen Kader in die Saison zu gehen. Deshalb macht es ihm auch keine Kopfschmerzen.” Aber das erste Trainingslager ist bereits vorbei und die Zeit zur Eingewöhnung für neue Spieler wird immer kürzer. Deswegen sollte es ihm langsam Kopfschmerzen bereiten. Wir als Fans können nur hoffen, dass Hübners Worten auch Taten folgen werden, denn es gibt noch viel zu tun bei der Eintracht, auf und neben dem Platz.


Aus der Liebe zu dir,

Mirko Lorenz


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen